Lehrstuhl für Klinische Psychologie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters

Diagnostik und Prävention von Suizidalität bei Kindern und Jugendlichen

 

PI: Aleksandra Kaurin

Projektlaufzeit: 01/2023-08/2025

Förderung: Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)

Diagnostik und Prävention von Suizidalität bei Kindern und Jugendlichen

Projekthomepage: https://youthsuicidenetwork.com/MEMBERS/

Mit einem Team aus Expert:innen der Ruhr-Universität Bochum, Universität Freiburg, Humboldt-Universität zu Berlin, Universität Leipzig, Fernuni Hagen und Universität Koblenz-Landau gehen wir der Frage nach, warum manche Kinder und Jugendlichen suizidale Gedanken und Absichten entwickeln und wie Ihnen durch psychotherapeutische Angebote nachhaltig geholfen werden kann.

Jedes Jahr sterben weltweit mehr als 700.000 Menschen durch einen Suizid. Im Jahr 2020 sind in Deutschland 9.206 Suizide registriert worden (WHO, 2021). Insbesondere Suizide von Kindern und Jugendlichen haben langanhaltende negative Auswirkungen auf Angehörige, Schulen und klinisches Fachpersonal (z.B., Gould et al., 2018). Bei Jugendlichen zwischen zehn und 24 Jahren zählen Suizide zu den häufigsten Todesursachen in Deutschland (WHO, 2021).

Im Gegensatz zu anderen führenden Todesursachen bei Kindern und Jugendlichen, könnten Suizide verhindert werden, wenn rechtzeitig präventive Maßnahmen ergriffen werden. Um das Suizidrisiko bei Kindern und Jugendlichen nachhaltig zu senken, ist eine reliable und valide Diagnostik eine notwendige Voraussetzung (Kaurin et al., 2022). Derzeit ist das Wissen darum jedoch begrenzt (Ayer et al., 2020). Dies ist höchstwahrscheinlich damit zu begründen, dass frühere Studien Suizidalität und die damit verbundenen Risikofaktoren in erster Linie als distale oder statische Phänomene erfasst haben. Suizidgedanken, suizidales Verhalten und damit verbundene Risikofaktoren sind jedoch durch eine ausgeprägte transsituative Inkonsistenz charakterisiert (Kleimann et al., 2017). Aus diesem Umstand ergibt sich eine Inkongruenz zwischen den bisher verwendeten Methoden zur Untersuchung und Erfassung der Suizidalität, ihrer tatsächlichen zeitlichen Auflösung, sowie der multideterminierten, vermutlich idiosynkratischen Natur relevanter Risikofaktoren (Kaurin et al., 2022). Erschwerend kommt hinzu, dass die Erhebung von Informationen über das Suizidrisiko (insbesondere in Echtzeit) erhebliche ethische, methodische sowie Sicherheitsbedenken aufwirft. Dadurch ist das Feld von der anhaltenden Sorge beherrscht, dass die Befragung von Jugendlichen zu Suizidgedanken und -handlungen schädlich sein könnte (d. h. iatrogene Effekte haben könnte; Gould et al., 2005). Bevor die Forschung zu Suizidalität im Kindes- und Jugendalter und damit verbundenen therapeutischen Implikationen Fortschritte machen kann, müssen diese empirischen Lücken nachhaltig geschlossen werden.

Das mittelfristige Ziel des Netzwerks besteht darin, sich mit methodischen, konzeptionellen und klinisch-praktischen Fragen der Suizidforschung im Kindes- und Jugendalter zu befassen. Es sollen Methoden zur Verbesserung diagnostischer Ansätze erarbeitet und angewendet werden. Insbesondere sollen entwicklungssensible, intensive Längsschnittdatenerhebungen (im Rahmen ambulanter Erhebungen), ihr klinischer Nutzen sowie potenzielle Risiken (z.B. iatrogene Effekte) und ethische Fragen diskutiert werden, die für die Durchführung von Forschungsarbeiten in diesem Bereich von großer Bedeutung sind. Diese Schritte dienen dem langfristigen Ziel, eine multizentrische, randomisierte, kontrollierte Interventionsstudie vorzubereiten.

 

Referenzen

Ayer, L., Colpe, L., Pearson, J., Rooney, M., & Murphy, E. (2020). Advancing Research in Child Suicide: A Call to Action. Journal of the American Academy of Child and Adolescent Psychiatry, 59(9), 1028–1035. doi.org/10.1016/j.jaac.2020.02.010

Gould, M., Lake, A., Kleinman, M., Galfalvy, H., Chowdhury, S. & Madnick, A. (2018). Exposure to Suicide in High Schools: Impact on Serious Suicidal Ideation/Behavior, Depression, Maladaptive Coping Strategies, and Attitudes toward Help-Seeking. International Journal of Environmental Research and Public Health, 15(3), 455. doi.org/10.3390/ijerph15030455

Kaurin, A., Dombrovski, A. Y., Hallquist, M. N., & Wright, A. (2022). Integrating a functional view on suicide risk into idiographic statistical models. Behaviour research and therapy, 150, 104012. doi.org/10.1016/j.brat.2021.104012

Kleiman, E. M., Turner, B. J., Fedor, S., Beale, E. E., Huffman, J. C., & Nock, M. K. (2017). Examination of real-time fluctuations in suicidal ideation and its risk factors: Results from two ecological momentary assessment studies. Journal of abnormal psychology, 126(6), 726–738. doi.org/10.1037/abn0000273

World Health Organization. (2021, 17. Juni). Suicide. Retrieved May 5, 2022, from https://www.who.int/news-room/fact-sheets/detail/suicide

 

zuletzt bearbeitet am: 02.11.2023

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